3. Quartal 2022
Erdgas – Extreme Volatilität an den Gasmärkten
Sorge um Lieferengpässe im Winter treiben Großhandelspreise zeitweise auf über 300 Euro pro Megawattstunde

Die reduzierten Gasflüsse aus Russland verursachen im dritten Quartal Marktbewegungen mit Preisanstiegen von einem bisher kaum vorstellbaren Tempo. Die Sorge um Lieferengpässe heizt die Märkte immer weiter an.
Nach der 10-tägigen Wartungspause von Nord Stream I im Juli 2022 erfüllt sich die erhoffte Entspannung am Gasmarkt nur kurz. Zwar wird der Betrieb mit 40 Prozent Leistungskapazität aufgenommen, doch nur wenige Tage später führt eine weitere Lieferreduzierung auf 20 Prozent zu enormen Preissprüngen. Mit stetig wachsender Sorge vor Lieferengpässen im Winter werden die staatlichen Einspeichermaßnahmen intensiviert und die Sparziele weiter verschärft. Anfang August ruft die EU zu einer freiwilligen Einsparung des nationalen Gaskonsums um 15 % für diesen Winter auf.
Nachdem nach einer erneuten 3-tägigen Turbinenwartung die ohnehin reduzierten Gasflüsse aus Russland über Nord Stream I ganz ausfallen und auch Norwegen zunächst unerwartet weniger Gas als geplant liefern kann, kommt es Anfang September zu einer noch nie gesehenen Marktbewegung auf einem hochnervösen Markt: Gas wird zeitweise mit 330 €/MWh gehandelt. Selbst positive Nachrichten über die gesicherte Belieferung der beiden geplanten deutschen LNG-Terminals (Brunsbüttel und Wilhelmshaven) ab Winter 2022/23 oder zu den sich füllenden Gasspeichern scheinen den Terminmarkt nicht zu beruhigen.
Tatsächlich zeigen die Gasmärkte trotz der extremen Volatilität seit Ende August erste Anzeichen einer Erholung, die Preise verharren aber auf einem hohen Niveau. Diese Entwicklung könnte an den zwischenzeitlich gut gefüllten Speicherständen liegen, an der relativ regen Versorgung der Übernahmeterminals für Flüssigerdgas aus Übersee sowie an den politischen Signalen, in die Strom- und Gasmärkte einzugreifen. Zudem scheint es, dass der europäische Markt auch ohne Gasflüsse aus Nord Stream 1 noch ausreichend versorgt werden kann.
Zum Ende des Quartals bleibt das Marktumfeld instabil. Die mutmaßliche Sabotage an den Nord Stream-Pipelines sorgt für Unsicherheit. Entscheidender Faktor, wie Deutschland durch den Winter kommt, dürften jedoch das Wetter und die Energiesparbemühungen der Verbraucher sein.