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Was kommt auf den Verwalter durch das reformierte Wohnungseigentumsgesetz 2020 zu?

Gastkommentar von Stephan Volpp

Stephan Volpp gilt bundesweit als Experte für Fragen rund um die Immobilie. Seit 20 Jahren ist er ausschließlich im privaten Immobilienrecht, mit Spezialisierung auf dem Gebiet des Wohnungseigentumsrechts, tätig. Seine Vorträge, Seminare und Fortbildungsveranstaltungen erfreuen sich bei Immobilienverwaltern wie auch bei Fachanwälten für Miet- und Wohnungseigentumsrecht einer großen Nachfrage. Als Mitglied der Expertenkommission „Denkwerkstatt WEG-Reform“ kennt er die Vorteile und Stolpersteine für Verwalter.

Die Reform greift wesentlich in die Statik und Architektur des Gesetzes ein, was Wohnungseigentümer wie Verwalter vor neue Herausforderungen stellt und unter den Beteiligten im Entstehungsprozess der Reform kontrovers diskutiert wurde. Rechtsklarheit wird nunmehr zu der Frage geschaffen, wann die Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht. Dies soll bereits mit der Anlegung der Grundbücher der Fall sein, was die Konstruktion der werdenden WEG zu Geschichte macht. Nach Anlegung der Grundbücher können nun also bereits Verwaltungsentscheidungen getroffen und Verträge – etwa auch der Verwaltervertrag – abgeschlossen werden.

Trägerin der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Die Verwaltungsansprüche der Eigentümer richten sich also nicht mehr gegen die Miteigentümer oder den Verwalter, sondern gegen die Gemeinschaft. Der Verwalter selbst wird mit einer umfassenden Vertretungsmacht ausgestattet und haftet gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Seine Position nähert sich der eines GmbH-Geschäftsführers an. Die Stärkung des Verwalters erleichtert die Umsetzung von Verwaltungsmaßnahmen, ist gleichzeitig aber mit einem erhöhten Haftungsrisiko des Verwalters verbunden.

Zu begrüßen ist, dass jede Versammlung beschlussfähig sein soll, die Erweiterung der Textform sowie die Flexibilität, die bei der Anzahl der Verwaltungsbeiräte geschaffen wird. Kritisiert wird die Verlängerung der Einberufungsfrist auf vier Wochen, hat sich doch die bislang geltende zweiwöchige Frist in der Praxis bewährt. Die Möglichkeit einer Onlineversammlung gilt als wichtiger Baustein der Modernisierung der Verwaltung und wird die Teilnahme der Eigentümer begünstigen. Die aktuelle Krise wird die Bereitschaft vieler Eigentümer, sich einer Onlineversammlung anzuschließen, sicherlich fördern.

Last, but not least wird es einfacher, über Baumaßnahmen und deren Kosten zu beschließen. Das Gesetz schreibt nur noch einfache Mehrheiten vor. Maßnahmen der Elektromobilität und der Barrierefreiheit werden als Anspruch ausgestaltet. Mieter müssen Erhaltungsmaßnahmen dulden.

Die Arbeit des Verwalters wird mit der Reform erleichtert, teilweise komplex zu berechnende Mehrheiten entfallen ersatzlos, auch Erleichterungen der Formvorschriften sind verwalterfreundlich. Warten wir ab, was die Rechtsprechung aus dem neuen Gesetz machen wird.